Biografie Alfred Mühlhausen
WIR ERINNERN AN
- ALFRED MÜHLHAUSEN
Alfred Mühlhausen wurde am 18. Juni 1888 als Sohn des Böttchers Friedrich Albert Mühlhausen und seiner Frau Emma Frederike in Bernburg geboren. Die Familie war arm und lebte in der Badergasse nahe der Saale. Alfred war ihr zweites Kind, ihm folgten noch fünf weitere Geschwister. Sie alle besuchten die Volksschule. Die älteren Kinder waren angehalten, schnell Geld zu verdienen. Alfred war kräftig und so schickten die Eltern den 14-Jährigen in einen der Tagebaue nahe der Stadt. Nun war er Kalkbrucharbeiter. Er lebte weiter in der Familie und sorgte mit für die jüngeren Geschwister. Das war auch bitter nötig: Der Vater war seit Jahren krank und verdiente kaum noch etwas.
Der Erste Weltkrieg veränderte alles. Am 3. Februar 1915 wurde Alfred als Ersatzreservist eingezogen. Er war 26 Jahre alt und musste zum ersten Mal seine Heimatstadt verlassen. Zur Grundausbildung kam er nach Halle an der Saale. Am 30. April 1915 ging es an die Front – nach Russland ins unmittelbare Kampfgebiet. Was er dort gesehen und erlebt hat, bleibt offen: Der bis dahin gesunde, kräftige Mann verstummte.
Am 8. Mai 1915 wurde er in das Kriegslazarett in Tilsit (heute Kaliningrad) eingeliefert und von dort Ende Juni in ein Sanatorium nach Braunschweig verlegt. Die Diagnose lautete Katatonie. Alfred war apathisch, sprach und bewegte sich kaum, interessierte sich für nichts mehr. Er war depressiv und schwer traumatisiert. Im Juli kam er in die Irrenanstalt Hildesheim – auch hier ohne Behandlung. Es gab keine therapeutischen Gespräche, keine Medikamente. Einzig zur Arbeit wurde er immer mal wieder angehalten. Das änderte sich auch nicht, als er schließlich im Mai 1916 zurück in seine Heimat verlegt wurde, in die Landesheil- und Pflegeanstalt Bernburg. Das hatte zumindest einen Vorteil: seine Mutter und sein jüngster Bruder konnten ihn nun regelmäßig besuchen. 1928, ein Jahr nach dem Tod der Mutter, endete auch dieser letzte Kontakt zur Außenwelt. Der Vater ist bereits 1918 gestorben. Im September 1930 wurde Alfred Mühlhausen in die anhaltinische Landessiechenanstalt Hoym überführt. Es war eine reine Verwahranstalt.
Am 25. Januar 1941 wurde er von dort in die Landesheilanstalt Altscherbitz bei Leipzig transportiert. Der Transport diente nur einem einzigen Zweck: Die Zahl der Opfer für die Gaskammer passgenau zusammenzustellen. Vier Wochen später, am 28. Februar 1941, kehrte Alfred Mühlhausen in seine Geburts- und Heimatstadt Bernburg zurück. Gemeinsam mit 60 anderen Kranken wurde er noch am gleichen Tag ermordet.
Die Nachfahren seiner Geschwister erfuhren nur durch Zufall von seinem Schicksal. Im Zusammenhang mit einem Erbfall hieß es in einer Mitteilung des Bernburger Amtsgerichtes aus dem Jahr 2017: „Von Alfred Mühlhausen konnte ermittelt werden, dass dieser am 28. Februar 1941 in die Gasmordanstalt Bernburg verlegt wurde. Eine Sterbeurkunde konnte nicht beschafft werden.“
Autor: Gedenkstätte für Opfer der NS-„Euthanasie“ Bernburg
Informationsstand: 2020