Biografie Buchhalter

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  • SONJA BUCHHALTER
  • RIWKA BUCHHALTER
  • MAX BUCHHALTER


Erstmals in einem Bernburger Adressbuch verzeichnet war Riwka Laga Szaynerszenyder im Jahr 1932. Sie ist damals 21 Jahre alt und wohnte in der Steinstraße 52. Im nächsten Jahrgang des Adressbuches 1934 sucht man sie vergeblich. Sie hatte inzwischen Max Buchhalter geheiratet und somit wurde nur der Haushaltsvorstand aufgeführt. Max Buchhalter war Jahrgang 1909. Sein Geburtsort war Kalusz, eine Mittelstadt am Fuß der Karpaten mit traditionell hohem jüdischen Bevölkerungsanteil, damals zu Österreich-Ungarn gehörend, ab 1919 zu Polen, heute in der Westukraine gelegen. Als Kaufmann in Bernburg wurde er erstmals 1927 in der Martinstraße 3 erwähnt – er war gerade 18 Jahre alt -, dann 1929 in der Wilhelmstraße 13 a. Offenbar veranlasste der Zuzug seiner künftigen Ehefrau den gemeinsamen Einzug in das Haus Steinstraße 52.

Riwka Buchhalter wurde am 10. April 1911 in Tomaszow in Russisch-Polen geboren. Seit 1919 gehört Tomaszow Mazowiecki (wieder) zu Polen. Offensichtlich wurde im Zuge der Heirat auch ihr Geburtsname in „Schönsteiner“ eingedeutscht. Buchhalters Möbelgeschäft befand sich in der Kaiserstraße (heute Friedensallee). Es wurde unter den 32 Geschäften und Unternehmungen in jüdischem Eigentum genannt, für die zum 1. April 1933 durch die Nazis ein Boykottaufruf erfolgte. Am 9. September 1935 wurde die Tochter Sonja geboren. Laut Adressbuch 1938 wohnte die Familie immer noch in der Steinstraße 52. Im Mai 1939 wohnten Buchhalters in der Friedrichstraße 17, entsprechend der Verordnung, nach der Juden nicht mehr in Häusern zur Miete wohnen durften, die deutschstämmige Eigentümer hatten. Die Friedrichstraße 17 gehörte damals noch den Erben der Familie Groß. Berta Groß war Jüdin. Die nächste Angabe ist eine Auflistung in Bernburg lebender Juden vom 1. Januar 1941. Nun wurden nur noch Riwka und Sonja Buchhalter erwähnt, wohnhaft in der Nienburger Straße 17. Aus diesem Wohnhaus der Banker- und Unternehmerfamilie Calm war ein sogenanntes „Judenhaus“ geworden (heute Nienburger Straße 20-22, SOS-Kinderdorf). Noch im Jahr 1941 waren Mutter und Tochter offenbar nach Berlin verzogen. Von dort aus wurden sie am 26. Februar 1943 in das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz deportiert. Hier verlieren sich ihre Spuren. Max Buchhalter gelang die Emigration nach England1.

Autor: Joachim Grossert
Informationsstand: Oktober 2020


1 Brief der Synagogen-Gemeinde zu Magdeburg (Herr Lewy) vom 9.3.1989 an Dietrich Bungeroth, veröffentlicht in: Bungeroth, Dietrich: Spurensuche. – Bernburg, 1993. – S. 85