Biografie Madelong Schönstedt

WIR ERINNERN AN

  • MATHILDE MADELONG
  • RICHARD MADELONG
  • RICHARD SCHÖNSTÄDT
  • IRMGARD SCHÖNSTÄDT
  • JULIUS SCHÖNSTÄDT
  • REGINA SCHÖNSTÄDT

Als 1933 die Nationalsozialisten in Deutschland die Macht übernahmen war Eugen Madelong (geb. 01.11.1874 in Hannoversch Münden) ein geachteter Geschäftsmann in Bernburg. Er betrieb einen Herren- und Knabenkonfektionsladen in seinem Haus Lindenstraße 5, der wichtigsten Geschäftsstraße in der ehemaligen Residenz- und nunmehrigen Industrie- und Kreisstadt Bernburg. Seine Adresse sollte bald lauten: Adolf-Hitler-Straße 5. Er war zudem Vorsitzender des Kranken- und Beerdigungsvereins der Israelitischen Gemeinde Bernburg. Als 1939 die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland gegründet und dem Reichssicherheitshauptamt unterstellt wurde, wurde Eugen Madelong der „Vertrauensmann der Bezirksstelle Sachsen-Thüringen der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland für Bernburg“. Als solcher musste er regelmäßig Übersichten anfertigen über die in der Stadt wohnenden Juden bis hin zu den „Transportlisten“ für die Deportationen aus Bernburg am 13.04. und 16.11.1942. Eugen Madelong musste sich selbst, seine Frau Mathilde und den Vater seines Schwiegersohnes, Richard Schönstädt, auf die letzte Liste setzen. Der Transport ging in das Ghetto Theresienstadt – Mathilde Madelong war mit 64 Jahren die jüngste dieses Transportes. Die jüngeren, darunter die Tochter Irmgard Schönstädt, der Schwiegersohn Julius Schönstädt und die 7-jährige Enkeltochter Regina waren bereits im April 1942 in das Ghetto Warschau deportiert worden.

Die junge Familie Schönstädt war laut Bernburger Adressbuch 1938 im Haus Eugen Madelongs ansässig, Julius Schönstädt mit der Angabe „Kaufmann“. Im Mai 1939 sind in den Angaben der Volkszählung im Deutschen Reich Julius, Irmgard und Regina Schönstädt verzeichnet, ebenso Eugen, Mathilde und deren Sohn Richard Madelong. Der Vater von Julius Schönstädt, Richard Schönstädt, muss also zwischen Mai 1939 und Dezember 1940 (entsprechend der ersten vorliegenden Übersichtliste über die Juden in Bernburg) zur Familie seines Sohnes übergesiedelt sein.

Mit Richard Schönstädt verbindet sich eine bisher nicht endgültig geklärte Geschichte um seine Geige. Jedenfalls überdauerte ein Geigenkasten mit der Aufschrift „R. Schönstädt, Arolsen“ samt gut erhaltenem Musikinstrument die Ghettozeit in Theresienstadt. Im Futter des Kastens befindet sich ein aufgeklebter Zettel mit dem Vermerkt „Theresienstadt, 1.5.1943“ mit Stempel der Waffen-SS und Unterschrift. Kasten und Geige fanden auf bisher ungeklärte Weise ihren Weg zurück nach Bad Arolsen. Der Geschichte der Geige ging für ihre Abiturprüfung eine Gymnasiastin aus Bad Arolsen nach, worüber die Lokalzeitung im Mai 2013 berichtete . Es muss demnach so gewesen sein, dass Richard Schönstädt von Bernburg aus die Geige mit in das Ghetto Theresienstadt genommen hatte.

Nach gegenwärtigem Kenntnisstand verlieren sich die Spuren von Julius, Irmgard und Regina Schönstädt mit dem Deportationsdatum 14.04.1942 von Magdeburg über Potsdam und Berlin in das Ghetto Warschau. Am 07.07.1977 füllte Richard Schönstädt, ein Schwager der Familie, in Frankfurt am Main für alle drei Gedenkblätter der Forschungs- und Gedenkstätte Yad Vashem aus.

Als einziger der Familie kehrte Eugen Madelong nach Ende des II. Weltkrieges nach Bernburg zurück. Sein Haus ging nicht wieder in sein Eigentum über, er wohnte dort als Mieter. Er betätigte sich in der Stadt bis zu seinem Lebensende als Interessenvertreter der Opfer des Faschismus jüdischer Herkunft. Nach seinem Tod am 13.08.1954 wurde er als letzter Bernburger Jude auf dem Jüdischen Friedhof am Rößeberg bestattet.

  • Mathilde Madelong, geb. Rosenbaumo Geb. 22.11.1877 in Rosdorf
    Deportiert von Bernburg in das Ghetto Theresienstadt am 16.11.1942
    Tod im Ghetto Theresienstadt am 9.9.1944

 

  • Richard Madelong
    Geb. 27.3.1910 in Bernburg
    Deportiert von Berlin in das Ghetto Litzmannstadt (Lodz) am 18.10.1941
    Tod Ghetto Litzmannstadt (Lodz) am 29.3.1942

 

  • Irmgard Schönstädt, geb. Madelong
    Geb. 11.02.1906 in Bernburg
    Tod im Warschauer Ghetto

 

  • Julius Schönstädt
    Geb. 11.05.1904 in Arolsen
    Tod im Warschauer Ghetto

 

  • Regina Schönstädt
    Geb. 07.09.1934 in Cleve
    Tod im Warschauer Ghetto

 

  • Richard Schönstädt
    Geb. 06.01.1874 in Arolsen
    Tod im Ghetto Theresienstadt am 1.8.1943